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Adelstitel: Mehr Erfolg durch ein „von“ im Nachnamen?

Veröffentlicht von Alina Giannone am 06.09.2016

Eigentlich gilt bei Bewerbungen und Beförderungen das Credo der Gleichbehandlung. Doch so ein „von“ im Namen macht sich bestimmt gut, oder?

In Deutschland wird viel Wert auf Antidiskriminierungsgesetze und die Gleichbehandlung gelegt, sowohl geschlechterspezifisch als auch hinsichtlich Herkunft, Religion oder politischer Einstellung der Menschen – und das ist natürlich auch gut so! Leider ist das in der Theorie wieder einmal einfacher als in der Praxis und tatsächlich haben Bewerber mit ausländischen Namen bei Wohnungen oder auch Jobs häufig immer noch Nachteile. So lautet zumindest die Vermutung zahlreicher Experten, Beweise gibt es natürlich nicht, denn das wäre ja strafbar. Und genauso geistert seit vielen Jahren die Vermutung durch die Arbeitswelt, dass der oder die „Herr/Frau von…“ eben doch den ein oder anderen Vorteil im Beruf oder den Vorzug bei einer Bewerbung beziehungsweise Beförderung genießt. Da lohnt es sich doch einmal genauer hinzusehen.

Absicht oder Unterbewusstsein? Adelstitel beeinflusst berufliche Entscheidungen

Psychologen sind sich einig, dass ein Adelstitel bei Bewerbungen einen Vorteil darstellt, bei schwierigen Entscheidungen vielleicht sogar das Zünglein an der Waage. Wir wollen hier natürlich erst einmal keine böse Absicht unterstellen. Ob dies aber nun wirklich eine bewusste Entscheidung ist oder vielleicht auch nur ein Streich des Unterbewusstseins, ist schwer zu sagen und gewiss auch von Fall zu Fall unterschiedlich. Dennoch konnten die Psychologen in einer Studie eindeutig ausmachen, dass identische Lebensläufe und Bewerbungen mit einem „von“ im Namen von den Probanden aus dem Personalwesen positiver bewertet wurden als die 08/15-Namen à la Müller, Schmidt & Co.

Ein Adelstitel klingt nach Erfolg – und zieht ihn magisch an

Es ist allseits bekannt, dass bei einer Bewerbung nur zum Teil die Abschlüsse, Zeugnisse und Qualifikationen als Entscheidungsgrundlage dienen. Hinzu kommen zahlreiche weitere Faktoren, wie die Berufserfahrung, Soft Skills oder auch das Bewerbungsbild. Nun könnte der Personaler natürlich eine Liste mit allen Pros und Contras anlegen und sich dann für den auf dem Papier besten Bewerber entscheiden. In der Praxis sieht die Vorgehensweise aber anders aus. In der Regel werden die Bewerbungen durchaus nach Qualifikationen vorsortiert. Bleiben jedoch mehrere Bewerber mit ähnlicher Voraussetzung übrig, welche für die vakante Stelle infrage kämen, wird nach Menschenkenntnis entschieden, oder besser gesagt nach Bauchgefühl. Das muss nicht unbedingt schlecht sein, zumal Faktoren wie Charisma oder rhetorische Fähigkeiten im Berufsleben von Vorteil sind, häufig aber erst im Vorstellungsgespräch ersichtlich werden. Selbst Kleinigkeiten, wie das Vermeiden von Blickkontakt im Bewerbungsgespräch, können sich also auf die schlussendliche Entscheidung des Personalers auswirken – bewusst oder unbewusst. Da ist es kaum verwunderlich, dass eben auch ein Adelstitel Einfluss auf das „Bauchgefühl“ des Personalers hat. Für viele Menschen bedeutet Adel immer noch Reichtum, Einfluss, Macht oder Erfolg. Sie gehen davon aus, dass es sich um eine angesehene Familie mit Wohlstand handelt, vielleicht sogar mit eigenem Unternehmen, das durch Zielstrebigkeit, Disziplin und harte Arbeit eigens aufgebaut wurde. Es gibt aber auch einen anderen Adel. Denjenigen, der vor langer Zeit verarmt ist und mittlerweile ein ganz „normales“ Leben führt. Und bei wieder anderen ist der Adelstitel schlicht angeheiratet oder ein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten, ohne dass jemand überhaupt noch um die Herkunft des „von“ im Namen weiß. Seine Vorteile genießen sie dennoch.

Jede Chance birgt auch ein Risiko

Wo es Vorteile gibt, sind aber stets auch Nachteile zu finden. Prinzipiell gehen Psychologen nämlich davon aus, dass ein Personaler sich bei der Bewerberauswahl stark an seiner eigenen Lebensgeschichte orientiert. Er sucht also im Grunde stets nach „sich selbst“ oder einer optimierten Version. Stammt er demnach selbst aus adligem Hause, ist die Chance sehr hoch, dass er Bewerber mit einem „von“ im Namen bevorzugt. Hat sich der Personaler aber als Nobody von Null hochgearbeitet, verbindet er den Adelstitel vielleicht mit Faulheit und Arroganz und wählt lieber den Bewerber Müller oder Schmidt. Vielleicht hat sich ja aber auch der adlige Personaler in der Jugend so unwohl in dieser Gesellschaftsschicht gefühlt, dass er mittlerweile denkt: „Alles, aber bitte keinen Adel mehr!“ Sie sehen: Sich einen Adelstitel zu kaufen wäre wohl nur wenig sinnvoll, zumal Sie diesen ohnehin nicht offiziell in den Personalausweis eintragen lassen können. Nicht immer haben Sie zudem die Garantie, dass sich dieser zu Ihrem Vorteil auswirkt und nicht stattdessen zum Nachteil entpuppt. Unser Rat lautet daher: Überzeugen Sie durch Persönlichkeit, nicht durch Ihren Namen. Wahre Qualität zeigt sich nämlich stets erst im Arbeitsalltag und wer hier nicht überzeugt, dem bringt auch das „von“ im Namen nichts mehr.